Benutzerführung durch gezielte Textorganisation
Lesbarkeit am Bildschirm wird weitgehend von Typografie und Bildschirmwidergabe
am Ausgabegerät bestimmt. Für die Benutzerfreundlichkeit von Websites
sind Konzeption und Gestaltung ausschlaggebend. Benutzerfreundliche
Textorganisation fördert Lesefluss und Verständnis. Dazu müssen
Lesearten und Lesesituation, Nutzenerwartung und Motivation
der Benutzer berücksichtigt werden..
Lineares Lesen ist kontinuierlich, in vorgegebener Reihenfolge
der Textanordnung folgend. Entsprechend ist der Text gleichmäßig,
ruhig und fortlaufend in Lesegröße, meist im Blocksatz mit 60 bis
etwa 75 Anschlägen pro Zeile.
Informierendes Lesen gilt den Überschriften (Schaugröße
= 20 -40 Punkt) Zwischentiteln oder Bildunterschriften. Es ermöglicht
Informationsaufnahme über mehrere Ebenen hinweg. Am besten in schmalen
Textkolumnen (um die 40 Anschläge). Die Anordnung ermöglicht
das »Überfliegen« des Inhalts. Bild, Grafik und Farbe
animieren und unterstützen die schnelle Information.
Differenzierende Typografie unterscheidet innerhalb eines
Textes Begriffe und Leseebenen. Beispiel: Lexikon. Wesentliche Voraussetzung
für gute Orientierung und Lesbarkeit ist dabei Konsistenz: Gleiches
wird gleich behandelt. Eigennamen, Begriffe oder Zweisprachigkeit
werden im Zusammenhang wahrnehmbar. Das Leseverständnis wird gefördert
ohne den Lesefluß zu unterbrechen.
Konsultierendes Lesen ist Nachschlagen kurzer Informstionseinheiten.
Im Telefonbuch, im Lexikon, im Impressum; auf der Visitenkarte usw.
Für diese Lesear mit ihren geringen Textmengen sind kleinste Schriftgrade
möglich.
Selektierendes Lesen ist Lesen auf verschiedenen Ebenen,
etwa bei zweisprachigem Text in Lehrbüchern. Auf Websites wird häufig
selektiv gelesen. Die Gleichzeitigkeit als typisches Merkmal des
Website-Angebots macht Orientierungshilfen notwendig. Typografische
Gliederung (Schriftgrade, Absätze, Zwischentitel) und Leserführung
durch überschaubares Layout tragen dazu bei.
Typografie nach Sinnschritten gliedert Inhalte, etwa für
didaktische Zwecke in Lesefibeln.
Aktivierende oder inszenierende Typografie macht Schrift
zu Bild. Durch hohe Prägnanz und gute Wiedererkennbarkeit sind Wortbilder
gut merkbar und intuitiv verständlich. Logos, Markenzeichen und
Buttons gehören dazu.
Die Textanordnung
Form und Struktur von Text richten sich nach dem Inhalt, der Leseart,
dem Lesertyp und dem Medium. Websites haben informierenden (Content),
konsultierenden (Aktualität, Impressum) und animierenden Charakter
(Navigation) zu gleicher Zeit. Jede Leseart erfordert ihre angemessene
Gestalt. Zu linearem Lesen taugen Bildschirmmedien nur im Ausnahmefall,
etwa bei PDF-Lesetexten. Lange Zeilen von 70-80 Anschlägen verbieten
sich am Bildschirm.
Satzformen und Textstruktur
Die Satzform (Satzausrichtung) fördert Orientierung und Leserlichkeit.
Traditionelle Lesemedien verwenden meist Blocksatz. Er ist
aber nicht grundsätzlich besser lesbar als Flattersatz (unterschiedliche
Zeilenlängen). Bei schmalen Spalten mit weniger als 30 Anschlägen
pro Zeile zum Beispiel produziert Blocksatz häufige Trennungen am
Zeilenende und ein löchriges Satzbild durch differierende Wortabstände
beides stört den Lesefluss erheblich. Gerade bei schmalen
Zeilen ist Flattersatz dem Block überlegen.
Kein Zufall, daß Zeitschriften und Werbung bevorzugt Flattersatz
verwenden, wo es um schnelles, aktives Lesen geht. Der Leserhythmus
kurz, lang, kurz, lang aktiviert den Augenmuskel.
Kurze Zeilen beanspruchen auch das Gedächtnis weniger. Siehe Gedächtnis
und Wahrnehmung
Statischer Blocksatz ermüdet bei längerem Lesen alls »Bettlektüre«
dienen meist Bücher! So genannter »erzwungener Blocksatz«
ist eine Fehlfunktion des PC aus grauer Vorzeit der Entwicklung.
Bitte nicht anrühren!
Satz auf Mittelachse (zentrierter Satz) ist leseunfreundlich.
Die Symmetrie und der mühsam auffindbare Zeilenbeginn stören den
Lesefluss und das Verständnis. Für kurze Texte wie Überschriften
oder Werbung findet zentrierter Satz.Verwendung, für die dezentrale
Leseart von Websites ist er ungeeignet. Achtung: Zentrierte Überschriften
bei linksbündigem Lesetext führen am Bildschirm unwillkürlich zu
selektivem Lesen, weil der Einstieg zum weiter links liegenden Textbeginn
nicht nachvollzogen wird. Das Auge folgt der bequemen Mittellinie
und überspringt den (unbequemen) Lesetext.
Die Lesesituation
Leser unterscheiden sich in geübte und weniger geübte, hoch
motivierte und weniger motivierte, flüchtige und konzentrierte.
Neben den körperlichen Voraussetzungen (Leseabstand, Sehfähigkeit,
Beleuchtung) beeinflussen Situation, Motivation und Kenntnisse die
Lesefähigkeit und die Ausdauer. Wo ein geübter Leser mit hoher Motivation
(Information, wissenschaftliche Recherche) gut durchhält, steigt
ein eiliger Leser mit geringer Motivation aus. Austauschbare Inhalte,
E-commerce oder ungeübte Leser brauchen besondere Unterstützung
im Hinblick auf die Nutzenerwartung.
Systematischer Umgang mit Schrift und Farbe
Konsistenz von Typografie (Gleiches wird gleich behandelt) und gezielter
Farbeinsatz tragen zur Benutzerführung bei. Der Orientierung dienen
Überschriften, Menueleisten, Buttons, Schriftgrade und Farben. Ihre
Funktion wird intuitiv erfasst, zum Beispiel: Alle roten Begriffe
sind Links; aktivierte Begriffe der Navigation sind gelb, nicht
aktive sind weiß, Überschriften sind in großem Schriftgrad usw.
|